Die Entstehung der kommunalen Verwaltung
Eine spezielle Frage brennt wohl allen Bürgerinnen und Bürgern unserer Republik immer einmal wieder auf den Nägeln:
Nun, die Antwort finden wir - wie so oft - weit zurück in unserer Geschichte im frühen Mittelalter irgendwo im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation:
Eine Stadt hat eine Brücke über den Fluss gebaut.
Die Bürgerschaft meint, die Brücke muß bewacht werden. Ein Brückenwächter wird eingestellt.
Der Wächter muss bezahlt werden. Ein
Finanzsachbearbeiter wird eingestellt.
Zwei Personen müssen personalmäßig verwaltet werden. Ein Personalverwalter wird eingestellt.
Drei Personen Personal müssen arbeitsmäßig organisiert werden. Ein Organisationsverantwortlicher und eine Schreibkraft werden eingestellt.
Fünf Personen Personal brauchen eine verantwortliche Führung. Ein Verwaltungsleiter wird berufen.
Der Verwaltungschef kann nicht alles allein machen. Ein stellvertretender Verwaltungsleiter, eine Vorzimmerdame, ein Pressereferent, ein Persönlicher Referent, ein Fahrer, ein Bote und ein Assistent werden eingestellt.
Um den immer mehr zunehmenden Schriftverkehr ordnungsgemäß zu bewältigen, wird ein Registraturgehilfe und ein Archivar eingestellt.
Um die finanzielle Kontrolle bei einer derart großen Personalanzahl zu behalten, wird ein Haushaltsbeauftragter, zwei Rechnungsprüfer (kaufmännisch und technisch) und ein Controller erforderlich. In jedem Sachgebiet der Verwaltung wird ein Budget-Verantwortlicher ernannt.
Um die Aussendarstellung der Verwaltung zu verbessern wird eine mit mehreren Medienfachleuten besetzte Stelle für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit geschaffen, die der Verwaltungsleitung direkt unterstellt wird.
Die innerbetriebliche Mitbestimmung ist zu unorganisiert, also wählt die Belegschaft einen Personalrat, dessen Vorsitzender natürlich von der Arbeit freigestellt werden muss. Als spezielle Mitbestimmungsgremien werden ferner eine Schwerbehindertenvertretung und eine Jugend- und Auszubildendenvertretung gewählt. Das dafür neu eingerichtete Personalratsbüro erledigt die Schreibarbeiten.
Die Verwaltung soll natürlich auch ihren eigenen Nachwuchs qualifiziert ausbilden. Also wird ein Ausbildungsleiter benötigt.
Der Bürgerschaft fällt auf, dass die Kosten der Verwaltung recht erheblich geworden sind. Ein externes Organisationsgutachten empfiehlt zur Kostenreduzierung eine stärkere Strukturierung und Gliederung der Verwaltung. Also wird die Gesamtverwaltung in Dezernate mit Fachämtern und Sachgebieten gegliedert, natürlich mit jeweils eigenen Dezernenten - einschließlich Vorzimmerdamen - , Amtsleitern und Sachgebietsleitern.
Auch die Empfehlungen des Gutachters zur Stärkung der Mitarbeitermotivation werden umgesetzt:
Die Qualität der täglichen Verwaltungsarbeit soll verbessert werden. Also werden Qualitätsmanagement-Zirkel eingerichtet. Zugleich erfolgt eine Beteiligung an überregionalen Vergleichsringen und Benchmarking-Arbeitsgruppen.
Das Büro für Gendergerechte Sprache - unter der Leitung der Gender-Beauftragten - wird wegen der herausragenden gesellschaftspolitischen Bedeutung als Stabsstelle auf der Führungsebene angesiedelt.
Die Effektivität der Verwaltungsarbeit soll nach den Vorschlägen eines weiteren externen Fachgutachtens durch Verbesserung der internen Aufbau- und Ablauforganisation deutlich gesteigert werden.
Dies alles erfordert viel Zeit und Arbeitsaufwand. Um die tägliche Verwaltungsarbeit überhaupt noch erledigen zu können, sind zahlreiche zusätzliche Stellen in der gesamten Verwaltung notwendig. Insbesondere das Personal- und Organisationsamt sowie das Büro für Bürokratieabbau müssen personell drastisch verstärkt werden.
Um Betriebsunfälle zu vermeiden und den allgemeinen Gesundheitsschutz der Beschäftigten zu verbessern, wird auf Initiative des Personalrates eine betriebliche Kommission zum Gesundheitsschutz und ein Ausschuss für Arbeitsschutz gegründet. Die fachliche Zuarbeit erledigt eine neu eingestellte Fachkraft für Arbeitssicherheit, der mehrere Sicherheitsbeauftragte in den einzelnen Abteilungen der Verwaltung nachgeordnet sind. Hinzu kommen mehrere "Befähigte Personen" zur Prüfung von Arbeitsmitteln im Sinne der BetriebssicherheitsVO. Die notwendige Koordination übernimmt ein Systembeauftragter für die Arbeitsschutzorganisation. Die Schnittstelle zur betrieblichen Gesundheitsvorsorge wird Aufgabe der neu geschaffenen Stelle eines Systembeauftragten für Arbeits- und Gesundheitsschutz.
Um in der Verwaltung wichtige gesellschaftspolitische Ziele umzusetzen, wird eine Gleichstellungsstelle eingerichtet, der auch die zusätzliche Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt zugeordnet wird. Ebenso wird eine Vertrauensperson für Schwerbehinderte, ein Inklusionsbeauftrager und ein Beauftragter für Datenschutz eingesetzt sowie ein Arbeitskreis "Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)" - zur Betreuung von Berufsrückkehrern nach längerer Krankheit - gegründet.
Auch die verwaltungsinternen Umweltgesichtspunkte dürfen nicht zu kurz kommen.
Der Schutz der persönlichen Daten der Beschäftigten ist ein wichtiges Anliegen.
Inzwischen gehören zur Mitarbeiterschaft nicht nur Einheimische, sondern auch Menschen mit Migrationshintergrund. Also besteht die Notwendigkeit, eine Stelle für einen verwaltungsinternen Integrationsbeauftragten einzurichten.
Um in der trotz Organisationsoptimierung recht unübersichtlichen Verwaltung die Gefahr von Manipulationen und Bestechungen zu bannen, wird ein Antikorruptionsbeauftragter ernannt. Um unerlaubte Absprachen bei der Vergabe von Bau- und Dienstleistungsaufträgen an Firmen zu verhindern, wird eine abgeschottete Vergabestelle eingerichtet. Als Ansprechpartner für vertrauliche Hinweise auf Korruptionsverdacht wird eine unabhängige Stelle für einen "Ombudsmann Saubere Verwaltung" eingerichtet. Kurz darauf wird die Stelle auf Intervention der Gender-Beauftragten umbenannt in "Ombudsperson".
Aus der Verwaltung in der Partnerstadt im Königreich England erfährt man, dass dort die Stelle eines "compliance officers" - zur Überwachung der verwaltungsinternen Beachtung externer und interner Regeln und Vorschriften - für unverzichtbar gehalten wird. Also wird die Stelle eines Regeleinhaltungsbeauftragten neu geschaffen.
Da auf Grund der großen Mitarbeiterzahl psychische Probleme und soziale Konflikte in der Belegschaft zunehmen, wird ein Betriebsarzt, ein Drogen- und Suchtberater sowie ein Moderator für Mobbingopfer eingestellt. Um bei den immer wieder auftauchenden innerbetrieblichen Konflikte zu vermitteln und zu schlichten, wird ein dafür freigestellter Mitarbeiter zum Mediator ausgebildet.
Der Brückenwächter wird fristlos entlassen ....!
Quelle: Anregung durch eine kurzen Witz im Internet. Vorliegende Fassung von mir.
Hinweis: Sprüche, Zitate und Witze über die verfolgte Minderheit der Beamten gibt es unter "Beamtenwitze".
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