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Zuwanderer und Integration in Bergkamen


Wie in vielen Städten der Bundesrepublik gibt es auch in der Stadt Bergkamen eine Reihe von ungeklärten Fragen zur Integration von Zuwanderungs- bzw. Migrantengruppen. Abgesehen von kleineren gelegentlichen Schwierigkeiten mit Aussiedlern, deren Zahl in Bergkamen relativ gering ist, und mit Asylbewerbern bzw. Bürgerkriegsflüchtlingen, sind die hauptsächlichen Integrationsprobleme in Bergkamen bei dem türkisch-stämmigen, muslimischen Bevölkerungsteil festzustellen.
Seit einigen Jahren gibt es in Bergkamen eine Vielfalt von Angeboten und Anstrengungen, um die Integration dieser Zuwanderer voranzubringen. Die Bemühungen sind von unterschiedlichem Erfolg geprägt.
Im Folgenden werden die Ausgangslage, das städtische Konzept, die durchgeführten Projekte und die weiteren Schritte zur Integration der verschiedenen Bevölkerungsgruppen in der Stadt Bergkamen dargestellt.


=> 1. Ausgangslage in Bergkamen

=> 2. Entwicklungstendenzen und Probleme

=> 3. Angebote und Handlungsansätze zur Integration

=> 4. Szenarien zukünftiger Entwicklung

=> 5. Einige grundsätzliche Gedanken zur Integration

=> 6. Weiterführende Informationen und Links


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1. Ausgangslage in Bergkamen

Zum Stichtag 01.01.2017 wies die Stadt Bergkamen einen offiziellen Anteil von Nicht-EU-Ausländern von 9,93 % auf. Die größte ausländische Gruppe entfällt dabei auf die türkische Nationalität (Statistik des Bürgerbüros Bergkamen).
Nimmt man alle Menschen mit ausländischen Hintergrund zumindest eines Elternteils - einschließlich derjenigen mit deutscher Staatsangehörigkeit - so leben in Bergkamen etwa 9.500 Einwohner mit Migrationsgeschichte, darunter ca. 7.000 türkischstämmige Personen.
Grund für den Ausländeranteil ist im wesentlichen die Bergbauvergangenheit der Stadt. Bis vor kurzem konnte sich Bergkamen noch als Europas größter Steinkohlenzechen-Standort mit 2 Schachtanlagen und etwa 10.000 Bergbau-Arbeitsplätzen auf dem Stadtgebiet bezeichnen. Diese Bergbaugeschichte, die 1890 mit der Abtäufung des ersten Schachtes begann, ist im Juni 2001 mit der Förderung der letzten Tonne Kohle endgültig zu Ende gegangen. Seit über 100 Jahren ist die Entwicklung der Stadt durch bergbaubedingte Zuwanderung geprägt. Dies war zunächst eine deutsche Binnenwanderung, etwa aus Sachsen und aus Bayern. So gibt es bis heute einen Bayernverein mit eigenem Vereinshaus, der Bayern-Alm, und einem regen Vereinsleben mit Volkstanzgruppen und ähnlichem. Hier ist übrigens die Integration voll gelungen. Später kamen Zuwanderer aus Ostpreussen, Schlesien und Polen. Dies ist alles vergleichbar mit der Zuwanderung in den übrigen deutschen industriellen Ballungsgebieten.
Die letzte Zuwanderungswelle nach dem Kriege ("Gastarbeiter") kam zunächst aus Südeuropa (Yugoslawien, Italien, Spanien, Portugal, Griechenland) und dann ab 1961 aus der Türkei. Überwiegend aus dem Schwarzmeergebiet (Sunniten) und zu einem kleineren Teil aus der Region um Adana (in der Mehrzahl Aleviten).

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2. Entwicklungstendenzen und Probleme

Orientierung auf dauerhaften Aufenthalt in Deutschland

Eine zu beobachtende Tendenz in Bergkamen ist, dass offensichtlich mehr und mehr türkische Familien ihre Lebensperspektive auf einen dauerhaften Aufenthalt in Deutschland ausrichten, ohne allerdings ihre Bindungen in ihr Herkunftsland aufzugeben (Verwandtenbesuche, Heiratsverhalten, Bestattungen). Während die erste Generation noch überwiegend "auf ihren Koffern" lebte, werden jetzt zunehmend vorhandene Vermögen in der Türkei aufgelöst und die Gelder in Bergkamen, sei es durch den Kauf von Häusern oder durch den Kauf von Geschäften, investiert.
Ebenso nimmt die Zahl der Einbürgerungsanträge zu (z.Z. ca. 150 pro Jahr).

Konzentration der türkischen Wohnbevölkerung

Im Laufe der letzten 25 Jahre hat sich eine Konzentration der türkischen Wohnbevölkerung in bestimmten städtischen Wohngebieten herausgebildet. Es gibt Straßenzüge mit nahezu 100 % türkischer Bevölkerung. Spürbar ist diese Konzentration insbesondere in einem innerstädtischen zentralen Siedlungsbereich (die sogenannten "Alte Kolonie"), in dem zur Zeit ca. 80 % türkische bzw. türkisch-stämmige Bevölkerung lebt. Dabei konnte ein Verdrängungsvorgang insofern festgestellt werden, als in Mietshäusern mit 6 Mietparteien ab dem Vorhandensein von 2 türkischen Familien ein Auszug der deutschen Bewohner erfolgte. Da die Wohnungsbaugesellschaften verständlicherweise keinen Leerstand wünschten, kam eine Nachfolgevermietung jeweils nur an türkische Interessenten in Betracht.
Die Konzentration von türkischen Zuwanderern in bestimmten städtischen Wohngebieten hat u. a. dazu geführt, dass in den dort vorhandenen Kindergärten inzwischen Türkisch die vorherrschende Sprache ist. In einer Reihe von Kindergartengruppen sind Kinder mit 2 deutschsprachigen Eltern die seltene Ausnahme. Auch in den zuzuordnenden Grundschulen weisen manche Klassen einen Zuwandereranteil von 50 % oder mehr auf.

Exkurs: Warum hat die Stadt die Wohnungskonzentration eigentlich nicht verhindert?
Immer wieder hört man den Vorwurf, die Stadt habe der schrittweisen Konzentration von Migrantenfamilien in bestimmten Wohnbezirken tatenlos zugesehen und sei daher mitschuldig am jetzigen Zustand!

Nun, entgegen verbreiteter Vorstellung sind die Handlungsmöglichkeiten einer Stadt ausgesprochen begrenzt:

  • Die Stadt Bergkamen ist weder Eigentümer noch Vermieter der Mehrfamilienhäuser.
  • In Deutschland gilt das Grundrecht der Freizügigkeit und der freien Wohnungswahl auch für Migranten. Von der zahlenmäßig völlig unbedeutenden Gruppe der Asylbewerber und geduldeten Bürgerkriegsflüchtlingen abgesehen. Also, Zwangsumsiedlung und Wohnraumzuweisung geht nun mal nicht bei uns.
  • Verantwortlich für die Vermietungen waren die privaten Wohnungsbaugesellschaften sowie z. T. der Wohnungsausschuss des Bergbaus, der ein Belegungsrecht bei einer Reihe der Wohnungen ausüben konnte.
  • Zahlreiche Gespräche, Bitten und Appelle der Stadt gegenüber den Wohnungbaugesellschaften und dem Bergbau-Wohnungsausschuss bzw. dem Betriebsrat der Schachtanlage mit dem Ziel, eine stärker gemischte Mieterschaft zu erreichen, blieben erfolglos.

Ökonomische und soziale Verselbstständigung

Zwar ist es sicher übertrieben, in Bergkamen von Ghettobildung oder Segregation zu sprechen, feststellbar ist allerdings eine zunehmende ökonomische und soziale Verselbstständigung im Bereich der genannten türkisch geprägten Wohnungsiedlungen, d.h. die Herausbildung einer gewissen Parallelgesellschaft. Dazu gehört eine Handels- und Dienstleistungsinfrastruktur mit jeweils türkisch-stämmigen Inhabern: Lebensmittelgeschäfte, KFZ-Handel, Elektrohandwerk, Frisöre, Dönerbuden, Tankstellen, Fahrschulen, Immobilien-Makler, Reisebüros und Arztpraxen. Natürlich spricht nicht das Geringste dagegen, dass sich Mitbürger egal welcher Herkunft unternehmerisch betätigen. Im Gegenteil, jede unternehmerische Initiative ist zu begrüßen. Die deutsche Bevölkerung nutzt diese oft preislich und qualitativ guten Angebote auch reichlich. Die türkische Bevölkerung neigt allerdings in ihrer Mehrheit offenbar dazu, Geschäfte zu bevorzugen, deren Inhaber ebenfalls türkischsprachig sind. D.h. die Existenz derartiger Geschäfte und Angebote verstärkt die abgesonderte türkischsprachige Lebenswelt.
Eine gleiche Entwicklung lässt sich auch auf dem Bergkamener Wochenmarkt beobachten, bei dem inzwischen ausländische, vor allem türkische Händler etwa die Hälfte der Marktbeschicker stellen.
Neben den religiös orientierten Vereinen gibt es es weitere türkische Vereine (Elternverein u. a.) sowie zwei türkische Sportvereine ("Gurbet Spor" und "Türkisch Islamische Union Rünthe", beide Fußball). Hinzu kommen ca. 10 türkische "Teestuben" im Stadtgebiet.

Zunahme von religiöser Orientierung

Festzustellen ist weiterhin eine Zunahme von religiöser Orientierung innerhalb des türkischen Bevölkerungsanteils seit Ende der 90er Jahre. Dies ist abzulesen zum einen an der deutlich gestiegenen Zahl von Frauen - und inzwischen auch jüngere Mädchen - , die mit "islamischem" Kopftuch, bodenlangen Mänteln etc. im Straßenbild anzutreffen sind. Es gibt in Bergkamen sechs religiöse Vereine, davon fünf mit einer eigenen Moschee. Die Ausrichtung reicht von westlich-orientiert (Aleviten) über religiös-konservativ (3 DITIB-Moscheevereine, d.h. offiziell unterstützt von der Türkei) bis zum islamistischen Fundamentalismus.
Eine Moschee ist unmittelbar der Organisation Milli Görüs (IGMG) zuzuordnen, die regelmäßig im Verfassungsschutzbericht des Landes NRW erscheint. Zudem wird in Bergkamen in Zusammenarbeit mit Milli Görüs ein Frauen- und Mädcheninternat (Träger: Föderation Islamischer Gemeinden im Ruhrgebiet e.V.) betrieben, das als muslimische Ausbildungsstätte mit bundesweitem Einzugsbereich genutzt wird. Über mehrere Jahre bestand in Bergkamen zusätzlich noch ein Regionalbüro der IGMG. Eine weitere Moschee mit angeschlossenem Bildungszentrum mit Jungen-Internat gehört zum VIKZ (Verband Islamischer Kulturzentren im Ruhrgebiet), mit einer ebenfalls religiös-konservativen Ausrichtung.
In den drei DITIB-Moscheen und der Milli-Görüs-Moschee scheint zusätzlich seit dem Regierungsantritt der Erdogan-Regierung eine aus der Türkei geförderte Kampagne zur Stärkung des "Türkentums" zu laufen.

Wachsendes Desinteresse an Integrationsbemühungen

Eine weitere Tendenz, die in Bergkamen bei der türkischen Bevölkerung zu beobachten ist, ist ein gewisses Desinteresse an Integrationsangeboten der deutschen Seite.
Eine immer einmal wieder zu hörende Aussage von türkischen Mitbürgern ist: "Integration ist ein Problem der Deutschen". Offensichtlich besteht weitgehend eine grundlegende Zufriedenheit mit der eigenen Situation. Das türkisch geprägte Umfeld wird als wünschenswert betrachtet. Die notwendigen Besuche bei deutschen Behörden und Institutionen verlaufen problemlos. Im Bergkamener Rathaus haben wir türkischstämmige Mitarbeiter, die bei Bedarf übersetzen können.
Der Wunsch nach zusätzlichen Kontakten mit deutschen Einrichtungen, Institutionen oder Einzelpersonen wird nicht verspürt.
Man kann in Bergkamen als türkischstämmiger Mensch mehr oder weniger problemlos leben ohne jegliche deutsche Sprachkenntnisse.

Unzureichende deutsche Sprachkenntnisse

Eine letzte in Bergkamen erkennbare Tendenz ist die Tatsache, dass nach Aussage der Kindergärtnerinnen und Grundschullehrerinnen im Vergleich zu den Jahren 1990 und vorher die Beherrschung der deutschen Sprache bei den Kindern bei Aufnahme in den Kindergarten bzw. in die Grundschule heute deutlich nachgelassen hat.
Die Gründe hierfür könnten zum einen in dem Heiratsverhalten der türkischen Bevölkerung liegen, d. h. geheiratet wird fast ausschliesslich innerhalb der eigenen Bevölkerungsgruppe. Dabei werden in Bergkamen lebende junge türkische Männer immer noch relativ häufig mit jungen Frauen aus der Türkei, meist aus dem Heimatgebiet der hier lebenden Türken, verheiratet. Die Heirat eines hier lebenden türkischen Mädchens mit einem aus der Türkei stammenden Mann ist zwar weniger häufig, aber auch keine Seltenheit.
Ein weiterer Grund für den Rückgang an deutscher Sprachkompetenz ist sicher das zunehmend türkisch geprägte Umfeld durch die Konzentration auf bestimmte Siedlungsbereiche und die türkische Ausrichtung auf die entsprechenden Einzelhandelsgeschäfte, Imbissstuben und Vereinstätigkeiten.
Letztlich spielen auch die neuen Medien nach meiner Auffassung eine wesentliche Rolle. Während noch um 1990 eine gewisse Grundkenntnis an Deutsch erforderlich war, um das Fernsehprogramm zu verfolgen - offensichtlich eines der Grundbedürfnisse des Menschen - , laufen heute in fast allen Wohnungen von türkischen Familien über Satellit übertragene Fernsehprogramme und Radioprogramme aus der Türkei. Wenn eine Tageszeitung überhaupt gelesen wird, so ist es im Regelfall eine türkischsprachige Zeitung.

Ob die in NRW seit 2007 zwingend vorgeschriebene Sprachstandserhebung im 4. Lebensjahr mit anschließender vorschulischer und schulischer Sprachförderung wirksam gegensteuern kann, bleibt abzuwarten.

Gegenläufige Verhaltensweisen

Erwähnt werden muss allerdings auch, dass es durchaus auch eine ganze Reihe türkischer Familien gibt, die der Tendenz zum Sich-Absondern bewusst entgegenarbeiten, in dem sie aus dem türkisch geprägten Wohngebiet wegziehen und Wohngebiete wählen mit überwiegend deutscher Bevölkerung bzw. ihre Kinder in Kindergärten und Grundschulen anmelden, die nur einen geringen Anteil an ausländischen Kindern aufweisen.
In diesen Familien wird großer Wert auf die Beherrschung der deutschen Sprache und den Besuch weiterführender Schulen gelegt. Die Teilnahme am gesellschaftlich-politischen Leben in Bergkamen, die Nutzung kultureller, sportlicher u.a. Angebote der Stadt oder der zahlreichen deutschen Vereine ist in diesen Familien je nach individueller Interessenlage eine Selbstverständlichkeit.
Integrationsprobleme bestehen bei diesen Familien nicht.

Verhältnis türkische - deutsche Bevölkerungsgruppe

Zwischen der deutschen und der türkischen Bevölkerungsgruppe gibt es - ausserhalb des Schulbereichs - keine feststellbare Gewalttätigkeit, d. h. keine ausländerfeindlichen oder deutschenfeindlichen Übergriffe. Spürbar ist allerdings eine gewisse latente Spannung.
Die Zunahme von türkischen Geschäften und die Ausdehnung der türkisch geprägten Wohngebiete wird von der direkt benachbarten deutschen Bevölkerung z. T. als bedrohlich empfunden. Die Bereitschaft zu Regelverletzungen durch türkische Einwohner, z. B. im Straßenverkehr, beim Umweltschutz oder in der Bauordnung wird beklagt. Von Teilen der deutschen Bevölkerung wird unterstellt, derartige Regelverletzungen würden von Polizei und Stadtverwaltung aus Angst, fremdenfeindlich zu erscheinen, nicht verfolgt. Bei deutschen Jugendlichen, insbesondere bei Mädchen, besteht gelegentlich eine gewisse Zurückhaltung, das Freibad, die Eissporthalle oder die städtischen Jugendheime zu besuchen, aus Angst vor Belästigungen und "Anmache" durch türkische männliche Jugendliche.
Auch wenn einige dieser Einschätzungen und Ängste der deutschen Bevölkerung zum Teil auf einer verzerrten Wahrnehmung der Wirklichkeit beruhen mögen, sind sie doch ernst zu nehmen.

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3. Angebote und Handlungsansätze zur Integration

In der Stadt Bergkamen gibt es eine ganze Reihe von Instituationen, Initiativen, Aktionen und Angeboten, um der sich abzeichnenden Verselbstständigung des türkischen Bevölkerungsteils entgegen zu wirken, für ein weiterhin friedliches Zusammenleben der verschiedenen Bevölkerungsgruppen zu sorgen und um mittelfristig dem Ziel einer Integration aller Bevölkerungsteile näher zu kommen.

Ausländerbeirat / Integrationsrat

Seit 1994 gab es in der Stadt Bergkamen einen direkt von der ausländischen Bevölkerung gewählten Ausländerbeirat, entsprechend den Vorgaben der nordrhein-westfälischen Gemeindeordnung. Bis 2004 bestand der 9-köpfige Ausländerbeirat als Ergebnis der Direktwahl vollständig aus türkischen Männern, von denen die Mehrheit religiösen Gruppierungen zuzurechnen ist.
Der Ausländerbeirat war das offizielle Sprachrohr und Vermittlungsorgan der ausländischen Bevölkerung. Die Sitzungen des Ausländerbeirates wurden von der Stadtverwaltung vorbereitet und begleitet. Mit Hilfestellung durch die Stadtverwaltung führte der Ausländerbeirat regelmäßige Sprechstunden für Zuwanderer im Bürgerbüro des Rathauses durch. Der Ausländerbeirat diente auch als Vermittler, um von Seiten der Stadt Gesprächspartner in den Moscheen und in den türkischen Vereinen zu finden. Zusammen mit dem Ausländerbeirat wurden Podiumsdiskussionen und gemeinsame Veranstaltungen organisiert.
Etwa seit dem Jahr 1999 wurden die Sitzungen des Ausländerbeirates von Seiten der Stadtverwaltung nicht nur dazu genutzt, um die Wünsche und Forderungen der türkischen Bevölkerung entgegenzunehmen, sondern auch um den Vertretern des türkischen Bevölkerungsteils die Erwartungen der deutsche Bevölkerungsmehrheit hinsichtlich eines Verständnisses und Respektierung ihrer eigenen kulturellen Identität, Gebräuche und Regeln deutlich zu machen und einen offenen und ehrlichen Dialog über die gegenseitigen Erwartungshaltungen zu führen.
Entsprechend dem Wunsch des Ausländerbeirates hat der Rat der Stadt beschlossen, dass nach der Kommunalwahl 2004 anstelle des Ausländerbeirates ein Integrationsrat eingerichtet werden soll. Dies ist auch nach der Kommunalwahl von 2009 und 2014 so fortgesetzt worden.
Der im Mai 2014 neu gewählte Integrationsrat besteht aus 9 von der ausländischen Bevölkerung direkt gewählten Mitgliedern - alle türkisch-stämmig - sowie aus 6 vom Stadtrat entsandte Ratsmitglieder.

Gesprächskreise und Beratungsstellen

Seit 1999 gibt es in Bergkamen einen "Bergkamener Arbeitskreis Demokratie" - vormals mit der Bezeichnung "Bergkamener Arbeitskreis gegen Rechts" - , in dem auf Initiative der Stadt alle Aktivitäten, die sich für ein friedliches Zusammenleben der verschiedenen Kulturen aussprechen, zusammengefasst werden.
Die Geschäftsführung und Betreuung des Arbeitskreises liegt bei einer im Jahr 2000 eingerichteten Stelle "Infostelle Rechtsextremismus" im Jugendamt der Stadt.
Mit der Aktion "Runder Tisch Integration" wurde erstmalig im Januar 2000 versucht, die Probleme zwischen deutscher und türkischer Bevölkerung offen anzusprechen und zu diskutieren.
In Bergkamen existiert weiterhin ein vom Land NRW gefördertes "Kommunales Integrationszentrum (kiz) Kreis Unna" (bis 2012: "RAA"). Dies ist eine von insgesamt 27 derartigen Stellen in Nordrhein-Westfalen, die sich in ihrer Bildungsarbeit hauptsächlich an Multiplikatoren (Lehrerinnen und Lehrer u. a.) wenden. Auf Initiative der damaligen RAA ist 2006 ein "Interkultureller Frauengesprächskreis Bergkamen" ins Leben gerufen worden.
Ferner gibt es in Bergkamen seit Januar 2007 eine AWO-Integrationsagentur mit vielfältigen Initiativen (u.a. Kreativgruppe, Literaturkreis, interkultureller Kulturverein, Sprach- und Lernförderung für Migrantenkinder). Hervorgegangen ist sie aus einer AWO-Beratungsstelle mit türkischem Dolmetscherdienst. (Hinweis: Anfänglich beging die AWO den "Fehler", als Dolmetscher einen Türken alevitischer Religionszugehörigkeit einzusetzen. Dieser wurde von der sunnitischen türkischen Bevölkerungsmehrheit als Ansprechpartner nicht wirklich akzeptiert.)
Das Multikulturelle Forum Lünen hat im April 2007 eine Zweigstelle in der Präsidentenstraße in Bergkamen offiziell eröffnet. Das Forum kümmert sich als private Selbsthilfeorganisation mit Weiterbildungsangeboten und verschiedenen Kursen und Initiativen um Fragen der Integration hier lebender Migranten und Migrantinnen insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Verbesserung von Chancen auf dem Arbeits- und Ausbildungsmarkt.

Anfang des Jahres 2010 hat die Stadt Bergkamen das "b.i.n. - bergkamener interkulturelle Netzwerk" ins Leben gerufen, um die Akteure und bisherigen Angebote noch besser zu vernetzen.

Ständige Angebote der Stadt

Die Stadt unterhält drei Jugendheime und eine Streetwork-Anlaufstelle mit großer Akzeptanz bei ausländischen Jugendlichen. Im städtischen Kinder- und Jugendbüro ist die Jugendberufshilfe angesiedelt, die besonders auch für ausländische Jugendliche Beratung und Hilfe bei Ausbildung und Beruf leistet.

Innerhalb der Stadtverwaltung kümmert sich eine Mitarbeiterin im Integrationsbüro der Stadt Bergkamen speziell um Fragen der Integration und des Zusammenlebens mit Migrantinnen und Migranten sowie um die Koordinierung der verschiedenen Initiativen und Institutionen.

Sprachförderung

Neben Sprachkursen durch die oben genannten privaten Initiativen bietet auch die städtische Volkshochschule schon seit langem regelmäßig für alle Zuwanderer Sprachkurse als "Deutsch als Zweitsprache" an. Seit dem Jahr 2006 werden zusätzlich umfangreiche Integrationskurse angeboten.
Für die besondere Zielgruppe von türkischen Frauen aus religiös-konservativ orientierten türkischen Familien hat die Stadt spezielle Deutschkurse für Frauen in Zusammenarbeit mit den türkischen Moscheevereinen in einer Moschee durchgeführt. Der Unterricht wurde durch Dozentinnen erteilt.
In einem AWO-Kindergarten mit hohem türkischen Anteil werden Sprachkurse für Kindergartenkinder abgehalten.
Organisiert vom städtischen Jugendamt, mehreren Grundschulen und verschiedenen türkischen Vereinen wird schulischer Nachhilfeunterricht und gezielte Sprachförderung angeboten.

Kultur und Religion

Im Jahr 2000 wurde in der Bergkamener Stadtbibliothek eine umfangreiche türkischsprachige Medienecke mit einer Vielzahl von Medien (Büchern, Kassetten, CD's etc.) für die türkische Bevölkerung eingerichtet. Dieser Investition war eine längere, durchaus kontrovers geführte, Diskussion vorausgegangen, ob ein derartiges Angebot nicht eher zur weiteren Verselbstständigung des türkischen Bevölkerungsteils führen könnte.
Bei städtischen Veranstaltungen wird Wert darauf gelegt, auch türkische Gruppen in das städtische Veranstaltungsangebot mit aufzunehmen.
Von Seiten der Stadt werden türkische Vereine und Gruppen motiviert, sich an den regelmäßigen Veranstaltungen wie Internationaler Frauentag und Interkulturelle Woche sowie an den gelegentlichen Stadtteil- und Straßenfesten zu beteiligen.
In der städtischen Kunstgalerie "Sohle 1" finden immer wieder Ausstellungen zeitgenössischer türkischer Künstler statt.
Seit 1994 gab es eine offizielle Städtepartnerschaft zwischen Bergkamen und der türkischen Stadt Tasucu, Kreis Silifke, Bezirk Mersin. Auf Grund der kommunalen Gebietsreform in der Türkei ist Tasucu 2014 nach Silifke eingemeindet worden. Die Städtepartnerschaft wird daher jetzt mit Silifke fortgesetzt. Die regelmäßigen Kontakte werden insbesondere für einen Austausch von Kinder-, Schüler- und Jugendgruppen, Sportlern, Künstlern und Musikensembles genutzt.
Aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Vertrages zwischen den Städten Lünen, Kamen und Bergkamen ist im Jahr 2001 ein muslimisches Gräberfeld in kommunaler Trägerschaft eingerichtet worden. Obwohl zur Zeit der überwiegende Teil der in Deutschland Verstorbenen immer noch in die Türkei zur Bestattung überführt wird, wurde von den beteiligten Kommunen dieses Angebot als Signal an die türkische Bevölkerung gesehen, dass es gegen einen dauerhaften Aufenthalt in der Bundesrepublik keine Einwände gibt.
Das städtjische Integrationsbüro organisiert in Abständen sog. "interreligiöse Stadtrundfahrten", um die Informationen und den Kontakt zwischen den verschiedenen christlichen und muslimischen Einrichtungen zu verbessern.
2013 hat sich ein interreligiöser Gesprächskreis gegründet, der im September 2104 zum ersten Mal ein gemeinsames Glaubensfest feierte.
Letztlich unterstützt die Stadt auch die verschiedenen Initiativen und Aktionen gesellschaftlicher Gruppen, die eine verbesserte Integration und Zusammenleben der Bevölkerungsteile zum Ziel haben, von Kirchengemeinden, politischen Parteien und Bürgergruppen bis zu den Gewerkschaften.

Beteiligung an wissenschaftlichen Modellprojekten

Die Stadt Bergkamen beteiligt sich regelmäßig an Modellprojekten, die eine Verbesserung des Zusammenlebens der verschiedenen Bevölkerungsteile zum Ziel haben.

  • Das Modellprojekt "Integration älterer Migrantinnen und Migranten" wurde bis November 2003 in Bergkamen und in Lünen durchgeführt und vom Ministerium für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert. Wissenschaftlich wurde das Projekt vom Institut für Gerontologie, Dortmund, begleitet. Mit diesem Projekt sollten die Bedürfnisse älterer Zuwanderer ermittelt, Informationsdefizite bei dieser Gruppe abgebaut und bedarfsgerechte Angebote entwickelt werden.
  • Das Modellprojekt "Interkulturelle Stadtentwicklung" wurde vom MASSKS gefördert und in den Städten Solingen, Duisburg und Bergkamen bis Mitte 2003 durchgeführt. Mit diesem Projekt sollte versucht werden, ausländische Mitbürger verstärkt in städtische Planungsprozesse und Vorhaben einzubinden. Betreut wurde das Projekt vom Büro für Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen, Köln. Die aus diesem Projekt gewonnenen Erkenntnisse und Anregungen werden in Bergkamen durch einen kleinen Arbeitskreis weiter verfolgt und vertieft.
  • In der Zeit von September 2003 bis September 2006 hat die Arbeiterwohlfahrt, Unterbezirk Unna, mit Unterstützung der Stadt Bergkamen das Modellprojekt "Konfliktmediation und Nachbarschaft in Bergkamen" für Jugendliche aus unterschiedlichen Herkunftskulturen in den Stadtteilen Nordberg und City durchgeführt. Das Projekt wurde vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gefördert.
  • Das Modellprojekt "Interkulturelle Arbeitsvermittlung" ist Teil des EU-Projektes "Equal" (Finanzierung durch den Europ. Sozialfond und die ARGE Kreis Unna), mit dem seit Juli 2005 versucht werden soll, die Vermittlung von Arbeitssuchenden mit Migrationshintergrund zu verbessern.
  • Mit dem Modellprojekt "Digitale Qualifizierung für Jugendliche mit Migrationshintergrund" wird seit November 2011 in der Bergkamener Stadtbibliothek Jugendlichen systematische Hilfestellung für Bewerbungsverfahren geboten.
  • Bergkamen ist ebenfalls mit einer Grundschule an dem Projekt "Rucksack" beteiligt, bei dem türkischstämmige Mütter der Grundschulkinder die deutsche Sprache zusammen mit ihren Kindern erlernen.
Integrationskonzept Bergkamen

Im Früjahr 2010 hat die Stadtverwaltung einen ersten Entwurf für ein umfassendes Integrationskonzept für die Stadt Bergkamen im Integrationsrat vorgestellt. Dies wurde vom Rat der Stadt als "Arbeitspapier Integrationskonzept" am 8. Juli 2010 verabschiedet. Dieses Arbeitspapier wurde mit dem Integrationsrat, Bergkamener Migrantenorganisationen und den verschiedenen im Migrantenbereich aktiven Gruppen diskutiert. Auch offizielle städtische Gremien wie der Jugendhilfeausschuss und der Sozialausschuss wurden einbezogen.
Eine Fortschreibung und Neuausrichtung des Integrationskonzeptes wurde unter der Überschrift "Wege zum friedlichen Miteinander" beraten und am 14. Februar 2013 verabschiedet, um so einen strukturierten Rahmen für die künftige Integrationspolitik in unserer Stadt zu schaffen. Schwerpunkt des Konzeptes ist die Betonung der Bildungsarbeit für benachteiligte Kinder und Jugendliche, zunächst ohne Ansehen der Nationalität oder Religionszugehörigkeit.

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4. Szenarien zukünftiger Entwicklung

Betrachtet man die gegenwärtige Entwicklung der Bevölkerungsteile in Bergkamen, so besteht durchaus Anlass für Skepsis und eine gewisse Sorge. Die bisher erkennbare Tendenz der Verselbstständigung des türkischen Bevölkerungsteils ist allein mit den Möglichkeiten einer Kommune nicht aufzuhalten.

Verschiedene Szenarien

In der weiteren Entwicklung sind verschiedene Szenarien denkbar.

  • Zum einen könnte sich bei der Mehrheit der türkischen Familien die Erkenntnis durchsetzen, dass sie ihren Kindern in einem rein türkischsprachigen Umfeld die Zukunft verbauen. Dies könnte zu einer verstärkten Bereitschaft führen, die deutsche Sprache zu erlernen und zu praktizieren bzw. das bisherige Umfeld zu verlassen. Dies wiederum könnte langfristig dazu führen, dass die bisherigen türkischen Siedlungsschwerpunkte sich nach und nach auflösen.

  • Bleibt es bei der bisherigen Bevölkerungskonzentration verbunden mit weiteren Erscheinungen wie der sehr hohen Arbeitslosigkeit und erhöhter Kriminalitätsrate, so könnte sich hieraus im negativen Sinne ein echtes Ghetto mit den Krisen- und Gewalterscheinungen, wie sie aus Amerika, aber auch aus Frankreich und England bekannt sind, entwickeln. Auf Grund der unterschiedlichen sozialen Rahmenbedingungen ist bei uns dieses Szenario allerdings äusserst unwahrscheinlich.

  • Vorstellbar ist allerdings eine "Ghetto"-Entwicklung unter positiven Vorzeichen, wie das Beispiel aus den USA mit "Little Italy" bzw. "Chinatown" zeigt. Also ein türkisch geprägter Stadtteil "Klein-Istanbul" o. ä. mit touristisch attraktiven Angeboten im Bereich Gastronomie, Einzelhandel und Unterhaltung, der allen Bevölkerungsgruppen offen steht und durchaus ein überregional wirkender Attraktionspunkt sein könnte.

  • Wohlstands- und Konsumdenken, Erfolgsstreben und Karriereaussichten, Modetrends und Orientierung an erfolgreichen Gleichaltrigen bzw. westlich geprägten Vorbildern könnten als weitere Alternative nach und nach die strengen konservativ-religiösen Kleidungs- und Verhaltensvorschriften der muslimischen Vordenker und der Eltern- und Großelterngeneration aufweichen und damit die Unterschiede der Bevölkerungsgruppen nivellieren.

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5. Einige grundsätzliche Gedanken zur Integration

Fortschritte in der Problemdiskussion

Nachdem in der Bundesrepublik über Jahrzehnte von den verantwortlichen Politikern auf Bundes- und Landesebene die Probleme mit der Integration von Zuwanderern und Migranten weitgehend ignoriert oder schlichtweg geleugnet worden waren, ist seit einigen Jahren mehr Offenheit und Ehrlichkeit in die öffentliche Diskussion eingekehrt. Eine Entwicklung, die von der kommunalen Ebene schon lange gefordert worden war.

Wichtige Schritte auf diesem Weg waren:

  • der Bericht der von Bundes-Innenminister Otto Schily eingesetzten Süssmuth-Kommission "Zuwanderung" von 2001
  • das Zuwanderungsgesetz von 2004 (grundlegend reformiert 2007)
  • verpflichtende Integrations- und Sprachkurse ab 2005
  • die Nationalen Integrationsgipfel der Bundeskanzlerin 2006, 2007, 2010 und 2012
  • der Nationale Integrationsplan von 2007
  • der Nationale Aktionsplan Integration von 2012 sowie
  • die 2006 unter Leitung des Bundes-Innenministers erstmalig zusammengetretene Deutsche Islam Konferenz (DIK), die in einer zweiten Phase ab Mai 2010 fortgesetzt wurde.

Integration als gegenseitiger Prozess

Die Integration von Zuwanderern in die deutsche Gesellschaft ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, an der sich Bund, Länder, Kommunen, Wirtschaftsunternehmen, Kirchen und andere gesellschaftlichen Kräfte und Organisationen sowie insbesondere die Zuwanderer selbst beteiligen müssen.
Integration als Prozess verändert grundsätzlich beide Seiten, die Mehrheitsgesellschaft wie auch die Zuwanderer. Sie verlangt Zuwanderern dabei ein höheres Maß an Anpassung ab, insbesondere an die auf Recht, Geschichte und Kultur Deutschlands beruhenden Orientierungen der Aufnahmegesellschaft.
Deutschland ist eine europäisch gewachsene Kulturnation, deren historisch-geistige Wurzeln in der griechisch-römischen Antike, dem Germanentum, dem Christentum, einschließlich der Reformation, dem Humanismus und der Aufklärung liegen und deren heutige Struktur als säkularer freiheitlicher demokratischer Rechtsstaat durch das Grundgesetz bestimmt wird.
Ein friedliches und gedeihliches Zusammenleben aller Menschen - gleich welchen Glaubens und welcher Herkunft - in unserem Land setzt die Integration aller Menschen in diese Gesellschaftsordnung voraus. Integration verlangt von den Zuwanderern, die auf Dauer in Deutschland leben wollen, die aktive Bereitschaft zum Erwerb und Gebrauch der deutschen Sprache sowie zur Achtung der deutschen Rechts- und Werteordnung.

"Fordern und Fördern" als Grundsatz der Integration

Die deutsche Bevölkerungsmehrheit muss sich darauf einstellen, auf Dauer mit einer zahlenmäßig nicht unbeträchtlichen Minderheit muslimischen Glaubens sowie nicht-europäischer Herkunft und Tradition zu leben. Dies betrifft z.B. die Akzeptanz von Moscheen und muslimischen Friedhöfen im Stadtgebiet oder die Erteilung muslimischen Religionsunterrichts in den Schulen (allerdings m. E. in deutsch und nicht durch fundamentalistische Lehrer!).
Ebenso ist es auch eine Aufgabe des deutschen Staates, ein ausreichendes Angebot an Sprach- und Integrationskursen für Zuwanderer vorzuhalten.
Zugleich sollte die deutsche Bevölkerung erkennen, dass die Zuwanderer eine erhebliche Bereicherung in kultureller, kulinarischer und nicht zuletzt auch wirtschaftlicher Hinsicht für unser Land bringen können. Die Mehrheitsgesellschaft ist gefordert, die in Deutschland lebenden türkisch-stämmigen muslimischen Menschen und andere Zuwanderer als gleichberechtigten Teil der deutschen Gesellschaft anzuerkennen und zu respektieren.

Die Zuwanderer aus der Türkei müssen erkennen, dass die Entscheidung, endgültig in Deutschland zu leben, zwar nicht bedeutet, ihre Religion aufzugeben oder die eigene Herkunft und Identität zu verleugnen, aber sehr wohl erfordert, die deutsche Sprache zu beherrschen, die grundlegenden Wertentscheidungen des Grundgesetzes (Demokratie, Rechtsstaat, Gleichberechtigung von Mann und Frau, Trennung von Staat und Religion u.a.m.) zu akzeptieren und die wesentlichen Regeln und Umgangsformen ihres neuen Heimatlandes zu respektieren. Integration ist in erster Linie eine Bringeschuld der Zuwanderer.
Toleranz, Rücksichtnahme und Verständnis sind keine Einbahnstraße. Der Gedanke "Toleranz ist immer die Toleranz für den Andersdenkenden" ist ebenso wichtig wie der Grundsatz "Keine Toleranz mit den Feinden der Toleranz".

Dialog ohne Denkverbote

Beide Gruppen müssen untereinander und miteinander klären, was eigentlich unter dem Begriff "Integration" genau zu verstehen ist und wo der anzustrebende Weg zwischen Absonderung und Ghettobildung einerseits und vollständiger Assimilierung andererseits hin zu einem für Alle akzeptablem friedlichem Zusammenleben verläuft.
Das dies nicht unmöglich ist, zeigen auch in unserer Stadt eine ganze Reihe türkisch-stämmiger Familien, die weiterhin gläubige Muslime und sich ihrer Herkunft bewußt sind, an deren voller Integration in die bundesdeutsche Gesellschaft aber kein Zweifel besteht.

Notwendig ist eine breite, offene und ehrliche Diskussion, in der es möglich ist, Probleme zwischen deutschen und ausländischen Bevölkerungsgruppen anzusprechen, ohne sofort in den Ruf der Ausländerfeindschaft zu geraten.
Ein Zudecken der tatsächlich existierenden Probleme mit einem "Multi-Kulti-Harmonie-Brei" hilft letztlich nicht weiter. Nur wenn von beiden Seiten die Probleme und Schwierigkeiten beim Namen genannt werden, ist eine Verbesserung der Situation erreichbar.

Hinweis 1: Die vorhergehenden Ausführungen sind ein aktualisierter Teil des Vortrages "Zuwanderung und Integration aus kommunaler Sicht", den ich am 21.06.2001 auf der 30. Mitgliederversammlung von "Arbeit und Leben NRW" in Düsseldorf gehalten habe. Zugleich sind in die jetzige Fassung Gedanken und Überlegungen aus meiner Teilnahme an den Integrationsgipfeln der Bundeskanzlerin sowie an der "Deutschen Islam Konferenz (DIK)" eingeflossen.

Hinweis 2: Eine besondere bundesweite Aufmerksamkeit erhielten die Integrationsprobleme in Bergkamen auf Grund der "Kopftuch-Kündigung", d.h. einer im August 2002 von der Stadt ausgesprochenen Kündigung einer städtischen Angestellten muslimischen Glaubens, die als Erzieherin in einem städtischen Kindergarten während der Dienstzeit aus religiösen Gründen plötzlich ein Kopftuch tragen wollte.

Hinweis 3: Eine kleinere bundesweite Aufregung löste im August 2011 ein Monitor-Fernsehbeitrag aus, in dem anlässlich einer Brandstiftungsserie rechtsextreme Ausländerfeindlichkeit in Bergkamen festgestellt und mir persönlich Islam- und Moscheefeindlichkeit unterstellt wurde. Näheres dazu unter "Islamfeindlichkeit in Bergkamen ?".

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6. Weiterführende Informationen und Links

Die Integration von Menschen mit ausländischem Hintergrund in unsere Gesellschaft ist eine zentrale Herausforderung für Bund und Land und ebenso für viele Kommunen.
Hilfen und Informationen im Internet gibt es an verschiedenen Stellen, hier sind einige davon:

Mit dem speziellen Integrationsthema "Islam in Deutschland" beschäftigt sich seit dem Jahr 2006 unter Federführung des Bundes-Innenministeriums eine weitere Institution: die Deutsche Islam Konferenz (DIK).
Einen Überblick zu den Themen, dem Arbeitsprogramm und den bisherigen Ergebnissen der DIK findet man auf der Internetseite => www.deutsche-islam-konferenz.de.
Ein Ergebnis der DIK ist die => "Initiative Sicherheitspartnerschaft - Gemeinsam mit Muslimen für Sicherheit".

Die Otto Benecke Stiftung e.V. mit Sitz in Bonn ist als gemeinnützige und politisch neutrale Organisation im Auftrag der Bundesregierung mit dem Ziel tätig, die Integration von Migrantinnen und Migranten in unserem Land durch Beratungs- und Ausbildungsprogramme zu begleiten. Seit über 35 Jahren eröffnet die Stiftung mit ihren Maßnahmen Zuwanderern und Flüchtlingen eine berufliche Zukunft in Deutschland.
Weitere Stiftungen, die sich mit dem Thema Integration beschäftigen sind u. a. die Deutschlandstiftung Integration, die Schader Stiftung mit ihrem interessanten Projekt "Integrationspotenziale in kleinen Städten und Landkreisen" und die Mercator-Stiftung.

In dem sie zu Bewerbungen aufgefordert werden, will die Website des Bundesinnenministeriums "wir sind bund." den Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund im öffentlichen Dienst der Bundesverwaltung erhöhen.

Interessant für Alle, die einen ausländischen Berufsabschluss haben, den sie in der Bundesrepublik nutzen wollen, ist die Seite => "Anerkennung in Deutschland".

Einen umfassenden Ansatz mit breiter gesellschaftlicher Beteiligung der unterschiedlichsten Verbände und Organisationen hat im Mai 2017 der Deutsche Kulturrat vorgelegt mit der Vorstellung von 15 Thesen zur kulturellen Integration und Zusammenhalt unter der Überschrift "Zusammenhalt in Vielfalt".
Diese Thesen sind nachzulesen auf der Homepage der => Initiative kulturelle Integration.


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