=> 1. Ausgangssituation 1989
1. Ausgangssituation 1989
Die Tatsache, dass in Bergkamen das Thema "Stadtmittebildung" überhaupt als Problem angesprochen werden muss, beruht auf der sehr jungen Geschichte unserer Stadt. Anders als in fast allen vergleichbaren Mittelzentren gibt es in Bergkamen keinen gewachsenen mittelalterlichen Stadtkern. Die Situation stellte sich Anfang 1989 wie folgt dar: In Bergkamen gibt es nicht ein konzentriertes Stadtzentrum, sondern zwei Subzentren im Osten (Präsidentenstraße/Nordberg) und im Westen (Rathaus/City) mit einer eher unattraktiven Verbindung durch Ebert- und Hubert-Biernat-Straße. Der Nordberg, als ehemaliger Nahversorgungsbereich der Altgemeinde Bergkamen, ist als Fussgängerzone durchaus ansprechend ausgebaut. Es gibt attraktive Geschäfte wie das Kaufhaus Schnückel und einige andere Läden z.B. für Damenoberbekleidung. Es existieren aber auch Leerstände sowie erhebliche Lücken im Einzelhandelsangebot (Herrenoberbekleidung, Parfümerie, Lederwaren, Musikalien, Computer, Schreibwaren, Büroartikel, Sportbedarf, Babyartikel, Spielwaren etc. etc.), im Dienstleistungsbereich und in der Gastronomie (kein Café, keine Bistros, kaum Aussengastronomie). Nicht zuletzt wegen dieser fehlenden Angebote und der mangelnden Aufenthaltsqualität fließt ein erheblicher Teil der Bergkamener Kaufkraft in die Nachbarstädte. In der 1974 eröffneten City gibt es im Obergeschoss mehrere tausend Quadratmeter leerstehende Verkaufsflächen; dem vorhandenen Plaza-Supermarkt im Erdgeschoss - Nachfolger eines ursprünglichen Karstadt-Warenhauses - werden Abwanderungsinteressen nachgesagt. Damit droht hier der Wegfall eines wichtigen Versorgungsbereiches und das Entstehen einer riesigen Bauruine. Das Hochhaus in der City ("City-Wohnturm") zeigt deutliche Ansätze eines sozialen Brennpunktes. Im gesamten Mittebereich wohnen relativ wenig Menschen, zum Teil besteht eher der Charakter einer aufgelockerten Vorort-Siedlung. Es gibt eine ganze Reihe unbebaute Grundstücke. Der Marktplatz wird nur am Markttag gut genutzt und ist in der übrigen Woche eine unattraktive und weitgehend ungenutzte Fläche, die zudem von der Ebertstraße her überhaupt nicht wahrnehmbar ist.
2. Grenzen städtischer Handlungsmöglichkeiten Klar machen muss man sich zunächst, dass die Handlungsmöglichkeiten einer Stadt zur Steuerung der Stadtentwicklung sehr begrenzt sind. Flächennutzungsplan und Bebauungspläne können zwar einen äusseren Rahmen setzen und bestimmte Bauvorhaben untersagen, aber nicht die Durchführung von Baumaßnahmen oder konkrete Nutzungen erzwingen. Letzlich kommt es allein auf das Engagement der Eigentümer und privater Investoren an. Lediglich da, wo die Stadt selbst Eigentümer ist, kann sie von sich aus aktiv werden. Sie kann allerdings auch dann keinen Investor herbeizwingen. In Bergkamen stehen weder die Geschäftshäuser entlang der Fußgängerzone noch die City im Eigentum der Stadt! Der Stadt gehörten und gehören nur die öffentlichen Straßen, Wege und Plätze sowie einige einzelne Grundstücke. Persönliche Anmerkung: Ich selbst würde mich z.B. sehr freuen, wenn es in der Bergkamener Stadtmitte ein Kino, nette Bistros, eine Tanzschule, ein großes Hotel, Biergärten etc. geben würde. Die Stadt kann aber niemanden zu einem solchen Engagement verpflichten.
3. Grundgedanken der Stadtmittebildung bis zum Jahr 2015 Das Entwicklungskonzept der Stadt für die Stadtmitte Bergkamen beruhte auf folgenden Grundgedanken:
4. Schwerpunkt West (Rathausviertel) Im Bereich des Rathauses und seines Umfeldes erfolgten bis 1999 zur Stärkung des Standortes diese Projekte und Maßnahmen:
Im Bereich des Nordberges und seines Umfeldes erfolgten bis 1999 zur Stärkung des Standortes diese Projekte und Maßnahmen:
Entlang der Verbindungsachse zwischen Rathausviertel und Nordberg wurden bis 1999 die folgenden "Bausteine" zur Belebung und Attraktivitätssteigerung von West nach Ost verwirklicht:
In den Jahren 1989 bis 1999 ist im Bereich der Stadtmittebildung Bergkamen eine ganze Menge erreicht worden. Ein großer Teil der unter "3. Grundgedanken der Stadtmittebildung" genannten Überlegungen konnte in die Tat umgesetzt werden, wenn auch die damalige Situation des Nordberges und insbesondere der City nicht befriedigen konnte. Aber auch nach Abschluss der IBA im Jahr 1999 gab es für die Stadt - abgesehen von der unverzichtbaren Aktivität privater Investoren - eine Reihe von Ansatzpunkten für die Förderung der weiteren Entwicklung.
8. Weitere Entwicklung ab 2000
In dem von der Stadt beauftragten und Ende 1998 durch das Ingenieur-Büro Kühnert vorgelegten "Städtebaulichen und verkehrlichen Rahmenplan für die Stadtmitte Bergkamen" sind eine ganze Reihe von Anregungen für künftiges Tätigwerden enthalten. Diese Anregungen müssen aufgearbeitet, politisch entschieden und danach umgesetzt werden. Hierzu gehört die Idee, die Stadtmitte von den beiden großen Durchgangsstraßen Landwehrstraße und Erich-Ollenhauer-Straße her besser wahrnehmbar zu machen, z.B. durch "Stadttore" (nicht wörtlich zu nehmen!) in Form von vier markanten Kreisverkehren. Bis November 2003 sind von dieser Idee jeweils zwei Kreisverkehre an jeder dieser Straßen umgesetzt worden. Der Kreisverkehr am nördlichen Eingang zum Nordberg (Leibnizstraße) ist ebenfalls fertig gestellt. Hinzu kommen die neuen Kreisverkehre in der westlichen Stadtmitte am Rathaus und an der Gedächtnisstraße.
Durch die Herausnahme des Busverkehrs aus der Fußgängerzone (Beschluss 02/2001, Umsetzung 08/2001) und der Verhinderung von PKW-Schleichverkehren soll der Nordberg nach dem Wunsch der Kaufmannschaft für Spaziergänger attraktiver werden. Bestehende Straßenschäden in der Fußgängerzone sind 2002 beseitigt worden. Zusätzliche Kinderspielgeräte, Sitzgelegenheiten und Möblierung sind entsprechend den Vorstellungen der Nordberg-Kaufleute seit 2003 hinzugekommen.
Das Änderungsverfahren für den Nordberg-Bebauungsplan - Abschluss im Juni 2006 - hat die Baugrenzen flexibler gestaltet sowie Lücken-, Innenbereichs- und Randbebauungen am Nordberg ermöglicht.
In einem von der BBE Unternehmensberatung aus Köln im Mai 2006 vorgelegten "Einzelhandelsgutachten für die Stadt Bergkamen" wurde die bisherige Vorgehensweise der Stadt gestützt. Dieses Gutachten ist zugleich Grundlage für die städtischen Entscheidungen bei künftigen Einzelhandelsansiedlungen. Der Zechenwald in der Stadtmitte wird im Kernbestand erhalten, aber behutsam zu einem echten Stadtpark umgestaltet. Ein Diskussionsforum unter Einbeziehung von Experten sowie interessierter Bürgerinnen und Bürger hat bereits stattgefunden. Erste Umsetzungsschritte ("Platz der Stille", Osteingang, Nordeingang) sind in den Jahren 2003 und 2004 verwirklicht worden. Die Neugestaltung des Spielgeländes im Stadtpark als zentralen Großspielplatz wurde im Herbst 2006 umgesetzt. Auf der westlichen Seite der Stadtmitte steckte ein besonderes Entwicklungspotential in dem großen unbebauten Eckgrundstück nördlich des Rathauses (immer mal wieder als "Hotelgrundstück" bezeichnet). Dies war das letzte der Stadt gehörende größere unbebaute Grundstück in der Stadtmitte. Die überdimensionierten und inzwischen in die Jahre gekommenen Flächen des Busbahnhofes - der größte Bus-Knotenpunkt im Kreis Unna - wurden seit Juli 2002 nach den modernsten Erkenntnissen der Verkehrstechnik komplett überarbeitet und zu einem überdachten Mittelsteig-Bahnhof umgestaltet, um so das ÖPNV-Angebot in der Stadt zu verbessern und zugleich die neu gestaltete Ebertstraße/Hubert-Biernat-Straße ("Blaues Band") nach Westen bis zum Rathaus weiter zu führen. Die Bauzeit hat etwa ein Jahr betragen. Dieses Projekt konnte durch Ausnutzung verschiedener Förderprogramme für die Stadt finanziell ausgesprochen günstig gestaltet werden. Optisch ist die Architektur des neuen Busbahnhofs ein echter Blickfang. Die Arbeiten für die Umgestaltung der Fläche zwischen Ratstrakt, Kaufland-Warenhaus und den neuen Turm-Arkaden als "Platz der Partnerstädte" sind im Sommer 2002 abgeschlossen worden. Der kleine Verbindungsplatz mit dem Partnerschaftsbrunnen wird von der Bevölkerung sehr gut angenommen und für verschiedene Veranstaltungen genutzt. Der Wechsel von der Brückenebene des Zentrumsplatzes durch die Volksbank zum neuen Stadtmarkt und durch die Hauptpost in das Kaufland-Warenhaus (09/2000) brachte die Chance mit sich, in Gesprächen mit den Eigentümern der westlich an den Platz angrenzenden Wohngebäude das Einverständnis zum Abriss der maroden und hässlichen Betonbrücke an der Westseite des Platzes zu erhalten, um so die begonnene Neugestaltung des Zentrumsplatzes im April 2009 fertig zu stellen.
Ab dem Jahr 2000 hat die Stadt unter dem Motto "Bergkamener Lichtblicke" u.a. in Zusammenarbeit mit den Nordberg-Kaufleuten, der Sonnenapotheke, Vereinen und verschiedenen Sponsoren zahlreiche Veranstaltungen in der Stadtmitte organisiert und durchgeführt, um die Attraktivität dieses Bereichs zu steigern und zusätzliche Menschen zu einem Besuch zu motivieren. Die Veranstaltungen erfolgten zum Teil im Rahmen des Landeswettbewerbs zur Stärkung der Innenstädte "Ab in die Mitte - die City-Offensive", den die Stadt Bergkamen dreimal hintereinander gewonnen hat. Das => City-Hochhaus (häufig auch als "Wohnturm" bezeichnet), das ebenso wie die benachbarten Turm-Arkaden nicht im Eigentum der Stadt steht, stellte in der Vergangenheit aufgrund der vorhandenen Mieterschaft einen sozialen Brennpunkt dar. Anfang November 2000 hat der letzte Mieter das Gebäude verlassen. Der soziale Brennpunkt war damit zum Glück verschwunden. Die optische Belastung der Umgebung war aber - bis zum Abriss im Jahr 2014 - geblieben.
Natürlich stellte auch die frühere City selbst nicht nur ein Problem, sondern zugleich auch ein Potential für eine Innenstadtentwicklung dar. Der Eigentümer hatte auf dem gesamten gewerblichen Komplex der alten City nach Totalabriss im Jahr 2001 einen architektonisch attraktiven Neubau errichtet, in dem ein neues Einkaufszentrum "Turm-Arkaden" mit einem Wal*Mart-Vollsortiment-Warenhaus - Eröffnung war am 11. Juni 2002 - als Hauptmagnet sowie verschiedenen Einzelhandelsgeschäften eingezogenen sind.
Nachdem die USA-Zentrale von Wal*Mart Ende 2006 entschieden hatte, das gesamte Deutschlandgeschäft aufzugeben, wurde das Bergkamener Supercenter Ende April 2007 geschlossen. Eine Nachfolgenutzung für die War*Mart-Flächen zu finden, ist dem damaligen Eigentümer nicht gelungen.
9. Neue Situation ab dem Jahr 2012 / 2018 / 2020 Eine neue Situation für die Turm-Arkaden und für das City-Hochhaus ergab sich seit Ende 2011. Am 23.12.2011 hat die Firma CharterHaus Real Estate GmbH aus Frankfurt die Turm-Arkaden zusammen mit dem angrenzenden Wohnturm gekauft. Der City-Turm wurde nach Willen der neuen Eigentümerin ab 2014 etagenweise abgerissen. Im Oktober 2016 war das ehemalige Wahrzeichen der City komplett verschwunden.
Die bisherige Eigentümergesellschaft hat den gesamten Komplex mit ca. 20.000 qm Verkaufsfläche Ende Februar 2017 an die List Retail Development aus Oldenburg verkauft. Der neue Investor wollte mit dem Umbau und der Neubelegung der Flächen Ende 2017/Anfang 2018 beginnen.
Im April 2018 verkaufte die List GmbH den Komplex dann aber weiter an eine andere Gesellschaft, die Hilee B GmbH aus Zossen. Diese hatte die Fa. Interra Immobilien AG aus Düsseldorf mit der weiteren Vermarktung beauftragt.
Eine im Frühjahr 2020 eingereichte Bauvoranfrage für eine komplette hochverdichtete Neubebauung mit Discountern und Einzelhandelsgeschäften stieß in der Bergkamener Kommunalpolitik nicht auf Zustimmung.
Um für dieses große Gelände von ca. 2 Hektar im Stadtzentrum eine geordnete und abgewogenene städtebauliche Entwicklung zu ermöglichen, hat der Rat der Stadt im Mai 2020 beschlossen, einen Bebauungsplan aufzustellen. Die Gespräche mit der Eigentümergesellschaft werden fortgesetzt.
Ebenfalls im Rathausviertel hatte im Frühjahr 2015 der Neubau der Hauptstelle der Sparkasse Bergkamen-Bönen begonnen, der im November 2016 fertig gestellt war. Damit wurde auf der Nordseite der Busbahnhofs eine große Baulücke geschlossen und das Rathausumfeld baulich attraktiv ergänzt. Auf dem nach Osten benachbarten Grundstück hat die kommunale Baugesellschaft UKBS im zweiten Halbjahr 2017 mit dem Bau des sog. "Stadtfenster" begonnen. Ein architektonisch ansprechendes Gebäude mit Wohnungen, Dienstleistungsbüros und einem Café, das im Juli 2020 bezugsfertig wurde. 10. Andere Konzeption der Bergkamener Stadtmitte ab dem Jahr 2015
Im Jahr 2015 hat die Stadt allerdings auch nach langer und intensiver Diskussion die bisherige Konzeption einer bipolaren Stadtmitte - Rathausviertel im Westen und Nordberg im Osten - aufgeben.
Dies bedeutet allerdings nicht, dass Politik und Verwaltung der Stadt den Bereich des Nordbergs künftig vernachlässigen wird. So ist die ehemalige Pestalozzi-Grundschule am Nordberg in den Jahren 2017/2018 in das Pestalozzihaus umgestaltet worden, ein attraktives Begegnungszentrum für Kinder, Jugendliche und Familien. Die Fußgängerzone soll ohnehin erhalten bleiben.
11. Einzelfragen zur Stadtentwicklung Einzelne Projekte im Rahmen der Stadtentwicklung haben in der Vergangenheit immer einmal wieder zu intensiven öffentlichen Diskussionen geführt. Gelegentlich wurde der Stadt Bergkamen dabei auch vorgeworfen, durch ihr eigenes Verhalten und ihre Entscheidungen störe und behindere sie eine positive Entwicklung der Stadt. Auf einige dieser Behauptungen soll im folgenden Unterabschnitt kurz eingegangen werden. Weiter zu => "Spezial: Einzelfragen zur Stadtentwicklung"
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